Der Workshop stellte mit seinem Spotlight die Frage, wieviel Raum dem Kind in der Waldorfpädagogik gegeben wird sich selbst zu erfahren. Zunächst haben wir uns eingangs mit Frage beschäftigt, warum das Wort „Liebe“ in der Welt der Bildung so wenig vor kommt? Wir konnten hierbei herausarbeieten, dass es damit zu tun hat, dass Liebe nicht durch reine Predigten kultiviert werden kann. Über Liebe zu reden, schafft keine Liebe. Damit es Liebe geben kann, müssen andere Dinge vorhanden sein.

Das christliche Gebot besagt, dass wir unseren Nächsten lieben sollen wie uns selbst. Aber das christliche Gebot erklärt nicht, wie wir uns selbst lieben können. Es ist, als wäre es selbstverständlich, dass wir uns bereits selbst lieben. Stimmt es, dass wir uns selbst lieben?

Wir werten uns selbst ab, wir verfolgen uns selbst, wir beschuldigen uns selbst, wir beuten uns selbst aus, und wir tun all das, weil es uns so vorgelebt wurde. Wenn es stimmt, dass man sich selbst lieben muss, um seinen Nächsten zu lieben, ist es eine sehr wichtige Aufgabe der Erziehung, dafür zu sorgen, dass die Menschen sich nicht erst im anderen Menschen verlieren, sondern dass sie eine gesunde Liebe zu sich selbst entwickeln.

Das ist es, was wir mit dem dionysischen Geist meinen. Aber wie kann das Dionysische wirklich werden? Wie kann es einen Akt geben, in dem der kindliche Teil, die instinktive Natur ohne Selbsterkenntnis zum Ausdruck kommt? Apollo symbolisiert die Selbsterkenntnis. Apollo ist nicht nur der Kampf mit sich selbst, sondern die losgelöste Freiheit. Das Gewissen, das aus der Ferne sieht. Die innere Neutralität, die zur Harmonie führt und sich in der Kunst ausdrückt. Leidenschaften führen in die Welt, weil es keine Losgelöstheit gibt, keinen Blick, der sich über die Leidenschaften erhebt. Wir unterdrücken diese Leidenschaften autoritär und sagen dem Kind, dass es gut sein muss, aber wir lehren es nicht, seinen inneren Raum zu entdecken und zu lieben.

Das Heilmittel liegt nicht in der normativen Ethik, sondern im freien Geist. Es ist bekannt, dass ein kreativer Künstler viel Disziplin braucht, aber sein kreatives und freies Handeln ist dionysisch. Der Akt des Lernens bringt seine eigene Disziplin mit sich.

Hierzu betrachteten wir den Mensch unter dem Blickwinkel der Evolution und stellten heraus, dass wir als Wesen eine Vielschichtigkeit an sogenannten Naturen in und um uns haben, welche Carel van Schaik und Kai Michel in ihrem Buch – Mensch sein – thematisieren. Wenn wir den Mensch unter dem Blickwinkel der Evolution betrachten, dann können wir feststellen, dass wir als Wesen eine Vielschichtigkeit an sogenannten Naturen in und um uns haben.

Die 1. Natur umfasst die Entwicklung der körperlichen Abläufe der Bewegung, Verdauung und der affektiven Willensbekundungen sowie der Psyche und verdeutlicht, dass ein Teil unseres Menschsein eine Geschichte hat, die schon 4 Millionen Jahre alt ist. Die 2. Natur stellt die Kultur dar, die sich in Laufe der Jahrtausende durch das Zusammenleben in verschiedenen Regionen und klimatischen Bedingungen herausgeformt hat. Die 3. Natur stellt die Gabe der Menschheit dar, sich kulturell anzupassen, auf Umstände, Klimaveränderungen oder sonstige Einflüsse zu reagieren—Kulturelle Evolution. Die 4. Natur stellt die Gesamtheit der menschlichen Erzeugnisse dar, in welchen wir uns heute bewegen—Technossphäre. 

Die Grundfrage ist also: wie können wir als Waldorf-Pädagogik den Bedürfnissen und heutigen Gegebenheiten gerecht werden, um den Kindern eine individuelle und nach ihren Fähigkeiten orientierte Pädagogik zu ermöglichen, um ihre diversen und einzigartigen Fähigkeiten bestmöglich zu fördern?

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