Wie können wir uns vernetzen und von einsam zu gemeinsam übergehen?

Die Einsamkeit ist ein Bestandteil des menschlichen Lebens, das Sich verbinden jedoch auch. Ein Paradox. Zu Beginn des Lebens verbinden wir uns mit unseren Körper, unserer Umwelt und dem sozialen Umfeld. Im Laufe unserer Biografie lösen wir uns jedoch aus der Welt heraus, um unser Ich in dieser ausbilden zu können. Auf dem Weg müssen wir uns schmerzlich entkoppeln, wir müssen uns finden, unseren Körper kennen und lieben lernen und gleichzeitig uns die Kunst zu Eigen machen, aus der Abgeschlossenheit des Körpers Brücken zu unserer Umwelt und Mitmenschen zu schlagen, um jeden Tag erneuert kennenzulernen und gestalten zu können.

Der Workshop „Von einsam zu gemeinsam“, widmete sich genau diesem Komplex und fokussiert den menschlichen Körper, aber auch den transgenerationellen Organismus der Menschheit. Die Dekonstruktion unserer Wahrnehmung stand hierbei im Vordergrund. Wir wollten verdeutlichen, dass wir nicht durch Einsamkeit oder Einzelkämpfer:innentum definiert sind. Wir sind verbunden.

Um diese Tatsache zu verdeutlichen, war es von Nöten, dass wir das loslassen, was uns belastet. Der Körper ist der Ort, an dem Unbehagen, Schmerz, Freude, Identität, Erinnerung, Empfindung und Emotionen ihren Ausdruck finden und sich auch in ihm kristallisieren. Das Gestrige, welches nur teilweise zur Gegenwart gehört, „codirigiert“ unsere Meinung, Haltung, Überzeugung, unsere jetzige Wahrnehmung sowie unsere Entscheidungen.

Gezeigt wurde dies durch die Workshopanleiter:innen Juan Otalora und Verena Sepp, welche uns durch Musik, Rhythmus und Modern Dance Bewegungen zu einem gemeinsamen Erleben brachten. Kulturelle Aspekte aus unserer Biografie formen unsere Erwartungen zu antizipierten Melodien, Rhythmen und Bewegungsabläufen, weil wir diese unbewusst als normativ akzeptiert haben. Wir erfuhren, dass Bewegung immer als ein Zusammenspiel zwischen Menschen und Räumen betrachtet werden muss und wenn wir von unseren Erwartungen ablassen, überrascht eine andere, eine neue Möglichkeit. In dem Moment, wo wir das analytische Denken, das kritische Betrachten, in ein vorbehaltloses Wahrnehmen wandeln, sind wir nicht mehr die Bilder oder Etiketten der anderen oder von uns selbst, sondern wir können uns gegenseitig stützen, anderen Impulse geben oder empfangen.

Das Geben und Empfangen im Tänzerischen und Musikalischen lässt sich auch auf soziale Prozesse zwischen Menschen und Generationen übertragen. Sicherheit in der Bewegung entsteht nicht durch folgsame, nachvollziehende Abläufe – hieraus entsteht eine starre Sicherheit, die zerbrechlich ist. Sicherheit ist die Akzeptanz, das sich alles stehts entwickelt und verändert. Sicherheit entsteht durch unseren Umgang damit, nicht durch die Situation. Erst durch das Eintauchen in die Bewegungsabläufe und deren spielerische Wiederholung im Kindes und Erwachsenenalter entsteht ein tänzelndes Angrenzen an das Mögliche und somit eine fluide Sicherheit – „Nichts ist so beständig wie der Wandel“.

Dasselbe gilt auch für die Sicherheit in der sozialen Entwicklung. Diese kann nur entstehen, wenn wir uns wertfrei verbinden und begegnen können und uns als Partner:innen wahrnehmen bei welchen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede als unbewertete Normalität wahrgenommen wird – eine Art von Spiel.

Eine Kultur, die sich nur auf  Mehrheiten stützt, stellt automatisch Minderheiten als das Außergewöhnliche dar und verhindert somit ein Gemeinsames. Wenn wir jedoch als Menschen und als Gesellschaft – auch im transgenerationalen Sinne – auf ein ständiges und sich veränderndes Gleichgewicht zwischen dem eigenen Willen und Denken und dem des Anderen achten, dann kann ein gesundes und wertschätzendes Zusammenwirken entstehen. 

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